Geschichte: Gemeinde Balzheim

Seitenbereiche

Balzheim
Balzheim
Balzheim

Die Ursprünge

Balzheim wurde zum ersten Mal am 4. Januar 1083 urkundlich erwähnt, als Heinricus von Baldesheim als Zeuge für die Gründung des Klosters St. Georgen auftrat. Vier Jahre später tat er dies in Schaffhausen. Ritter Heinrich von Balzheim war wahrscheinlich ein Ministeriale der Grafen von Kirchberg wie auch seine Nachkommen. Die Balzheimer Ortsadligen besaßen im Mittelalter zwei einfache Burgen in Unter- und Oberbalzheim, wovon die Namen Burschlet und Burghalde zeugen. Letztere Burg ist durch die Ausgrabungen im Jahre 2009 nachgewiesen. Diese Herren von Balzheim haben auch den Grundstein für die Unterbalzheimer Mauritiuskirche gelegt. Das Geschlecht der Herren von Balzheim ist im späten Mittelalter ausgestorben.

Über die Grafen von Grüningen-Landau gelangte die Herrschaft Balzheim Ende des 13. Jahrhunderts in den Besitz der Grafen von Kirchberg, die sie 1356 um 3300 Pfund Heller an die Ritter von Freyberg (Hürbel) verkauften. Damals gehörten zu Balzheim noch Sinningen, das halbe Dorf Kirchberg und der Halbertshof. Die neuen Besitzer behielten die Herrschaft nur 16 Jahre und veräußerten sie 1372 an den Ulmer Bürgermeister Lutz Kraft um 4570 Pfund Heller.

Für 118 Jahre blieb Balzheim nun im Besitz der Ulmer Patrizierfamilie Kraft, ehe die drei Brüder Heinrich, Hans und Sigmund Kraft es an ihren Schwager Walter Ehinger um 15500 Gulden verkauften. Über 200 Jahre prägte nun diese Ulmer Patrizierfamilie die Geschichte Balzheims.

Balzheim ab 1600

Anfang des 16. Jahrhunderts ließen die Ehinger in Oberbalzheim auf Geheiß ihrer Lehnsherren das Obere Schloss bauen, das sie freilich nicht bewohnten, sondern gelegentlich als Jagdschloss benutzten. Ende des 16. Jahrhunderts kam das Untere Schloss als Verwaltungsgebäude hinzu, in dem die Vögte ihren Sitz hatten.

Hans Ehinger führte in Balzheim die Reformation ein, deshalb ist das evangelische Gemeindehaus nach ihm benannt. Der erste evangelische Pfarrer Johannes Piscatorius kam 1536 nach Balzheim. Hans Ehinger gab vor seinem Tod 1583 den Bau der Grabkapelle an der Mauritiuskirche in Auftrag.

Sein Sohn Servatius Ehinger ließ 1608 die Dreifaltigkeitskirche neben das Oberschloss bauen – eine Antwort auf die Gegenreformation und die katholischen Kirchenbauten der näheren Umgebung in dieser Zeit. 1630 besetzten kaiserliche Truppen Balzheim, vertrieben den evangelischen Pfarrer Jakob Zoller und setzten den katholischen Pfarrer Johann Seyfried ein, der zwei Jahre später vor den schwedischen Truppen aus Balzheim floh.

Krieg und Pest dezimierten die Balzheimer Bevölkerung.

Viele der nach dem Dreißigjährigen Krieg aus Kärnten und der Steiermark vertriebenen evangelischen Glaubensflüchtlinge ließen sich außer in Wain auch in Balzheim nieder, besonders die Familien Walcher und Schließer. Sie brachten die Luthrischen Würste mit nach Balzheim.

Die Herrschaft Balzheim besaß die Blutgerichtsbarkeit, das Recht auf Leben und Tod zu richten. Die Hinrichtungsstätte befand sich zwischen den beiden Dörfern. Dort wurde 1720 die Kindsmörderin Maria Bayer enthauptet, die letzte Hinrichtung in Balzheim war 1755.

Inzwischen hatte der aus Esslingen stammende Bankier Franz Gottlieb von Palm 1740 den Teil der Herrschaft Balzheim erworben, den das Haus Habsburg 16 Jahre zuvor gekauft hatte. 1646 war die Herrschaft Balzheim unter zwei Ehinger-Linien geteilt worden, der letzte Ehinger stiftete 1700 das Altarbild für die barockisierte Mauritiuskirche, eine Darstellung des Abendmahls des bekannten Barockmalers Johann Heiß.

19. Jahrhundert

1796 und 1800 besetzten im Rahmen der Napoleonischen Kriege französische Truppen Balzheim und plünderten es regelrecht aus. An den wirtschaftlichen Schäden hatte Balzheim lange zu leiden. Eine Folge der Napoleonischen Kriege war die Abschaffung der Grundherrschaft und der damit verbundenen Leibeigenschaft. Ab dem Jahre 1811 waren Unter- und Oberbalzheim sowie Sinningen selbstständige Gemeinden, ihre Einwohner Bürger und keine Untertanen mehr. Die beiden Balzheim blieben weiterhin eine Kirchengemeinde.

Sie wählten fortan ihre Bürgermeister und Gemeinderäte selbst. Mit der Ablösung von 1848 fielen die letzten Feudallasten, die Balzheimer Bauern wurden endgültig frei wirtschaftende Landwirte. Aus der Grundherrschaft Balzheim wurde das Rittergut Balzheim, das bis heute über tausend Hektar Wald und Felder verfügt.

Die hohen Ablösungszahlungen trieben manche Balzheimer in den Ruin, und manche Anwesen waren vorübergehend in Besitz von jüdischen Kaufleuten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wanderten über hundert Balzheimer nach Nordamerika aus, wo sie ein besseres Auskommen erhofften.

Der Bau der Illertalbahn bis 1863 und die Korrektion der Iller im Bereich Balzheim ab 1877 leiteten den Niedergang der Illerflößerei ein, von der in Balzheim mehrere Familien lebten. Zu dieser Zeit gab es in Balzheim noch viele Heimweber, wovon einige Hausnamen zeugen.

Die ersten Vereine waren in Balzheim die Krieger- und Veteranenvereine, die bis zum Ersten Weltkrieg Träger des kulturellen und geselligen Lebens waren. Um 1900 kamen die Gesangvereine hinzu.

20. Jahrhundert bis heute

Das große Illerhochwasser von 1910 betraf vor allem Unterbalzheim, das sich im Gegensatz zu Oberbalzheim zum Bau eine neuen Schutzdammes entschied, der bis vor wenigen Jahren an der Markungsgrenze endete. Im selben Jahr 1910 erhielt Unterbalzheim ein neues Rathaus, in dem bis heute (2022) die Gemeindeverwaltung von Balzheim untergebracht ist. In diesen Jahren hielten Strom und elektrisches Licht Einzug in Balzheim.

Gleich nach der Inflation bauten Unter- und Oberbalzheim 1924 ein neues Pfarrhaus. Dort zog 1933 Albrecht Goes ein, der wohl bekannteste Pfarrer von Balzheim.

1929 erhielt Unterbalzheim eine eigene Wasserleitung, in Oberbalzheim dauerte dies noch bis 1947. Dafür konnten die Oberbalzheimer ab 1930 über eine neue Illerbrücke nach Bayern gelangen.

Vereinsmäßig Sport wurde in Balzheim erst seit 1931 betrieben, der FV Unterbalzheim blieb zunächst eine Episode. 1949 kam es zur Gründung des SV Unterbalzheim (später SVB), 1956 kam der Schützenverein hinzu.

Der Nationalsozialismus machte auch vor Balzheim nicht Halt. Traurige Berühmtheit erlangte der in Oberbalzheim geborene Obersturmbannführer Christian Wirth als Kommandant des polnischen Vernichtungslagers Belzec. Am 24. April 1945 besetzten US-amerikanische Truppen Balzheim, Anfang August kamen die beiden Gemeinden zur französischen Besatzungszone. Ab 1948 wurde Balzheim zur neuen Heimat zahlreicher Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten.

1949 vererbte der ehemalige Schlossherr Imre Freiherr von Palm der Gemeinde Oberbalzheim ein Millionenvermögen, auf das sie ab 1954 Zugriff hatte. Mit dem Geld dieser Erbschaft baute Oberbalzheim 1955 eine neue Schule und wenig später ein neues Rathaus. Bereits 1951 hatte die Gemeinde Unterbalzheim ein neues Schulhaus errichtet.

In den 1950er Jahren siedelte sich in Unter- und Oberbalzheim erstmals nennenswerte Industrie an: In Unterbalzheim die Spinnerei der Firma Otto, in Oberbalzheim die Hartmetallwerkzeugfirma Klenk. Die in derselben Branche tätige, 1980 gegründete Firma Günter Wirth (heute Ceratizit) entwickelte sich zum größten Industriebetrieb in der Geschichte Balzheims.

1960 entstand in der Dorfmitte Unterbalzheims die Turn- und Festhalle, die knapp 50 Jahre später zum Dorfgemeinschaftshaus umgebaut wurde. 1974 bekam Oberbalzheim eine eigene Festhalle (Stiftungshalle), nachdem zwei Jahre zuvor die Stiftung Oberbalzheim gegründet worden war, die fortan das Vermögen aus der Palm'schen Erbschaft verwaltete.

Wie die Stiftung war auch die Fusion von Unter- und Oberbalzheim zur Gemeinde Balzheim am 1. Juli 1974 eine Folge der Gemeindereform. Im Zuge der Kreisreform wechselte Balzheim am 1. Januar 1973 vom Landkreis Biberach zum Alb-Donau-Kreis. Im Januar 1974 ereignete sich die größte Brandkatastrophe in der Balzheimer Geschichte: Das Oberschloss stand in Flammen.

Der Höhepunkt der 1980er Jahre war die um vier Jahre verspätete 900-Jahr-Feier Balzheims mit dem Historischen Freilichttheater und dem Fußballspiel mit der Uwe-Seeler-Traditionself 1987. Im Jahr zuvor ließ die Gemeinde den Unterbalzheimer Dorfplatz neu gestalten und das Gasthaus Löwen neu bauen. In diesem Zuge verbesserte sich die ärztliche Versorgung mit der Zahnarztpraxis, fünf Jahre später gelang die Ansiedlung einer Allgemein-Ärztin in Oberbalzheim.

Kontinuierlich entwickelte sich das Schul- und Sportgelände zwischen den beiden Ortsteilen: 1982 das Vereinshaus, 1994 die neue Grundschule, 2003 die Sporthalle und schließlich 2020 die neue Feuerwache.

Höhepunkt der jüngeren kirchlichen Geschichte waren 1997 die Weihe der Glocken „Großen Stimme“ und „Orate“ für die Dreifaltigkeitskirche und der Bau des Hans-Ehinger-Hauses neben dem Pfarrhaus 2005.

In jüngerer Vergangenheit hat Balzheim immer wieder mit Hochwasser zu kämpfen, und zwar nicht nur mit dem der Iller, sondern noch mehr mit den Bächen, die aus dem Wald kommen. Deswegen ließ die Gemeinde in Unter- und Oberbalzheim mehrere Rückhaltebecken bauen, der Illerschutzdamm wurde erneuert und verlängert.

- Autor: Harald Kächler